Leserfragen

„Was tun, wenn der Azubi durch die Prüfung fällt?“

Leserfragen

Martin Glania

28.11.2024 · 3 Min Lesezeit

FRAGE

Mir gefällt die Einstellung eines meiner Auszubildenden nicht. Ihm steht die Abschlussprüfung unmittelbar bevor, aber seine Arbeits- und Lerneinstellung lässt zu wünschen übrig. Ich denke, dass er durch die Prüfung fallen wird. Wir wollen in diesem Fall das Ausbildungsverhältnis aber keineswegs verlängern. Haben wir darauf Einfluss?
Und noch eine Frage obendrauf: Der Auszubildende ist der Meinung, dass er im Falle einer Verlängerung der Ausbildung, was bei ihm der Eintritt in das 4. Ausbildungsjahr bedeutet, eine höhere Vergütung erhält. Ich glaube, in diesem Magazin mal gelesen zu haben, dass wir die dann nicht zahlen müssen. An die Begründung kann ich mich nicht erinnern. Können Sie das bestätigen? Wenn ja, wie lautet die Begründung?

UNSERE ANTWORT

Wir haben eine gute und eine schlechte Nachricht für Sie, zunächst die schlechte: Fällt der Azubi durch die Prüfung, kann er alleine darüber bestimmen, ob die Ausbildung um ein halbes Jahr bzw. bis zum nächsten Prüfungstermin verlängert wird. Damit will der Gesetzgeber die Wahrscheinlichkeit eines 2. Anlauf zur Abschlussprüfung erhöhen – und damit auch die Wahrscheinlichkeit, dass er diese besteht.

Immerhin: Sie müssen keine höhere Vergütung zahlen

Das ist nämlich die gute Nachricht: Zwar tritt der Azubi in das 4. Ausbildungsjahr ein – zumindest, was die zeitliche Dimension angeht. Faktisch wiederholt er nach dem Scheitern in der Prüfung allerdings einen Teil des 3. Ausbildungsjahres. Sie können ihm also die Vergütung des 3. Ausbildungsjahres weiter zahlen und sind zu keiner höheren Vergütung verpflichtet. Das gilt auch dann, wenn für das 4. Ausbildungsjahr im Ausbildungsvertrag oder im Tarifvertrag eine Erhöhung vorgesehen ist.

Unsere Empfehlung: auf die Zähne beißen

Das Ausbildungsrecht ist für Ausbildungsbetriebe manchmal hart – vor allem dann, wenn der Azubi Entscheidungen alleine treffen darf. Sie müssen also, wenn er tatsächlich durch die Prüfung fällt und er die Ausbildung verlängern will, mindestens bis zum nächsten Prüfungstermin weiter mit ihm zusammenarbeiten.

Ich weiß nicht, wie Ihr Verhältnis zum Auszubildenden aktuell aussieht. Grundsätzlich sollten Sie aus meiner Sicht jedoch prüfen, ob der neue Anlauf gemeinsam mit Ihnen nicht doch zum Erfolg führen könnte, wenn Ihre Befürchtung eintritt. Zusätzliche Ausbildungseinheiten, Förderkurse und gezielte Prüfungsvorbereitung können den Azubi unterstützen. Kontaktieren Sie hierzu auch

  • die für Sie zuständige Kammer, die ggf. Unterstützungsmaßnahmen bereithält,

  • Ihre regionale Agentur für Arbeit, die Ihnen mit zusätzlichen Angeboten möglicherweise weiterhelfen kann; fragen Sie beispielsweise nach dem Quereinstieg in eine Maßnahme mit dem Namen Assistierte Ausbildung flexibel (AsA flex).
  • Ich fasse für Sie noch einmal zusammen:

    1. Sie haben keinen Einfluss darauf, ob der Azubi nach nicht bestandener Abschlussprüfung die Ausbildung verlängert. Kommt er auf Sie zu und verlangt danach, beschäftigen Sie ihn mindestens bis zur nächstmöglichen Prüfung.

  • Sie haben auch sonst keine Möglichkeit, die Ausbildung zu beenden. Selbst nach nicht bestandener Prüfung gibt es keine Alternativen zu einer fristlosen Kündigung (bei der ein wichtiger Grund vorliegen muss) und der Beendigung durch einen Aufhebungsvertrag (mit der der Azubi vollständig einverstanden sein muss).
  • Sie zahlen die Vergütung weiter, haben mit der oben genannten Begründung aber nicht die Pflicht, aufgrund des zeitlichen Einstiegs in ein neues Ausbildungsjahr eine höhere Vergütung zu leisten.
  • Falls es die Umstände zulassen, können Sie Ihre Kräfte bündeln, damit der Azubi den 2. Prüfungsanlauf besteht und sich die Ausbildung nicht nochmals verlängert.
  • Externe Partner können Ihnen helfen, bei anderen Azubis künftig auch zu einem früheren Zeitpunkt.


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